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Meditieren mit Gedanken oder: Was genau ist eigentlich The Work nach Byron Katie?

 

 


Dieser Artikel erklärt nicht wie die Methode The Work genau funktioniert. Eine genaue Anleitung zu The Work findest du hier.

 
Die aller meisten von uns kennen mittlerweile verschiedene Formen der Meditation. Ob wir schon selber meditiert haben oder nicht, wir wissen es gibt da ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Das Objekt der Achtsamkeit kann also ganz unterschiedlich sein.
Manchmal ist es der Atem. So gehen wir also hin und fokussieren unsere Aufmerksamkeit still auf das Ein- und Ausatmen, oder wir verbinden die Meditation mit der Achtsamkeit, die wir auf den Körper richten, das heißt wir schauen wie es sich im Körper anfühlt zu atmen. Oder wir zählen unsere Atemzüge um unseren Fokus zu trainieren.
Dann kennen wir Meditationen bei denen das Objekt unseres Fokus unsere Gefühle sind. Dem "Fühlen was ist". Vielleicht spürt man eine Trauer oder Glück, vielleicht eine Melancholie, die sich auch als Drücken auf den Schultern zeigt, oder eine heitere Leichtigkeit, die einhergeht mit einem Frischegefühl im Kopfbereich. Was auch immer gefühlt wird, man wird sich des Gefühls gewahr.
Die Liste der verschiedenen Meditationsobjekte könnte immer so weiter gehen. Weitere Objekte können sein: Ein Mantra, die reinen Körperempfindungen, Visualisationsgottheiten (beliebt zB im Hinduismus und im tibetischen Buddhismus), Chakren (also gewisse Punkte im Körper wo wir mehr Energie spüren wie zB in der Kehle, im Solarplexus, usw), der Fokus auf das Bewusstsein selbst, eine Pflanze, eine Kerze, und es gibt noch mehr.
Aber kennen wir eine Meditationsform, die sich auf die Gedanken ausrichtet? Dh wo das Objekt der Aufmerksamkeit das Denken ist?
The Work ist so eine Form der Meditation. Üblicherweise sagt man über The Work und das ist sehr wahr, dass sie eine Methode ist um stressige Glaubenssätze zu identifizieren und zu untersuchen. Diese Untersuchung erlaubt uns uns von diesen stressigen Gedanken zu befreien, bzw die stressigen Gedanken lösen sich, und man erkennt, dass wenn sie uns einfach bewusster werden sie ihre Kraft über uns verlieren.
Warum nenne ich nun The Work eine Meditation und nenne die Gedanken das Objekt der Achtsamkeit? Weil The Work kein Nachdenken ist. The Work ist ein Prozess des Hinschauens, dh so wie bei anderen Objekten der Meditation beobachten still. Es ist absolut richtig, dass The Work keine klassische einsgerichtete Achtsamkeitsform ist. Fokussiert man sich zB auf ein Gefühl oder den Atem oder eine Kerze so bleibt man die gesamte Zeit einsgerichtet. Man reflektiert nicht, man wendet das Objekt nicht, man fragt nicht wo es herkommt, was man mit dem Objekt tun kann, usw. Anders bei analytischen Meditationsformen.
Was wir tun ist, dass wir uns "das Gewicht" des Gedankens anschauen, sein Aussehen, seinen Klang, seinen Geruch, seinen Beigeschmack, sogar seinen Realitätsgehalt. Das tun wir indem wir fragen was mit diesem Gedanken einhergeht und wir fragen uns was ausbleibt wenn der Gedanke nicht ist. So erleben wir einen deutlichen Kontrast und werden weiser und intelligenter im Umgang mit ihm, was zu mehr Freiheit und Potenzial führt.
Hier ein Bsp: Es wird der stressige Gedanke untersucht "er sollte mich nicht anschreien".

Schaut man hin was einhergeht wenn der Gedanke in der Situation da ist und was hingegen einhergeht wenn der Gedanke nicht da ist, so haben wir uns in Wirklichkeit das mitgebrachte Gewicht des Gedankens angeschaut. Also sind wir durch unseren Fokus auf den Gedanken nun bewusster gegenüber dem Gedanken geworden. Allein dies ist oft ein Weltenunterschied, da wir viel genauer betrachten können, was ist die reale Herausforderung und was ist ein von mir hinzugefügter gedanklicher Balast? Eine weitere Frage die wir stellen ist "ist der Gedanke wahr?" und "kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass der Gedanke wahr ist?". Auch hier entdecken wir durch unsere Achtsamkeit etwas über den Gedanken. Und zwar erkennen wir in den aller meisten Fällen, dass er weniger real ist als wir dachten. Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass er mich in diesem Moment nicht anschreien sollte? Wenn wir ehrlich sind können wir oft zugeben „nein das kann ich nicht absolut sicher wissen. Das bedeutet wir erkennen oft, dass der stressige Gedanke nicht mal wahr ist. Dadurch entdecken wir unseren Abstand zu dem Gedanken. Es ist ein wenig so als würden wir entdecken, dass wir der Raum sind und in diesem Raum taucht ein Klang auf, der von einem Radio kommt. Der Klang und auch die damit einhergehende Klang-Information hat nicht wirklich etwas mit dem Raum zu tun in dem er auftaucht. Der Raum bietet dem Klang eben nur einfach Raum. Wir entdecken "ich bin nicht der Gedanke" und wir entdecken wer wir sind und wer wir nicht sind. Der Abstand zu dem Gedanken, welcher nicht künstlich erschaffen wurde, wurde wieder in ein natürliches Gleichgewicht gebracht und ein gesundes Verhältnis zu dem Gedanken hat sich von selbst wieder hergestellt. Oftmals tritt der Gedanke sogar nach einer tiefgehenden Work seltener oder gar nicht mehr auf.
Also auch mit diesen Fragen wissen wir mehr über die Natur des Gedankens und sind uns letztlich des Gedankens einfach bewusster.
Die besondere Erkenntnis „ich bin nicht der Gedanke“ ist der Anfang von etwas ganz neuem, denn nun wird die Frage "wer bin ich?" Realität. Diese Frage ist die vielleicht wundervollste Frage der Welt und wahrscheinlich auch die herausfordernste. Ich kann euch nur ermutigen diese Frage offen zu stellen und sich zu erlauben in der Schwerelosigkeit des Nicht-Wissens zu bleiben. Oft sind wir geneigt schnell nach einer Antwort zu greifen durch welche wir vielleicht unsere Offenheit zur Frage verlieren.
Meine Einladung ist dem "don't-know-mind" wie Byron Katie, die Gründer von The Work so schön sagt, also dem "ich-weiß-es-nicht-Geist" ehrlich erlauben da zu sein und den Mut zu haben dies einzugestehen, denn dann, so meine Behauptung, wird das Leben tiefgründiger.
Weiterhin lädt The Work uns ein Gedanken mal umzukehren. So wird zB aus "er sollte mich nicht anschreien" die Umkehrung "ich sollte ihn nicht anschreien" was sogar wahr sein könnte, selbst wenn wir nicht mal den Mund geöffnet haben, denn wir haben vielleicht in unserem Inneren geschriehen. Bitte bedenke hier, dass die Umkehrungen nie den Sinn haben einen Selbstvorwurf herzustellen oder nun einen neuen Schuldigen zu finden. Wir erlauben uns einfach Beispiele zu finden wie die Umkehrung, also das Spiegelgesetz wahr sein könnte, und diese Erkenntnis ist immens heilend. So wäre ein Beispiel für die Umkehrung "ich sollte ihn nicht anschreien" folgendes: "wenn ich ihn nicht (innerlich) anschreie, dann merke ich wie ich trotz seines Schreiens mit ihm in Verbindung sein kann. ich höre ihn. Dadurch kann ich auch sein Bedürfnis besser wahrnehmen und kann viel leichter in der Lage sein angemessen zu reagieren und leide selber nicht mehr".
Wieder ist das für mich Teil dessen warum ich The Work eine analytische Meditation nenne. Stell dir vor wie du eine analytische Meditation durchführst bei der dein Fokus auf einer Münze liegt. Du willst nicht über die Münze nachdenken, du willst einfach deinen Fokus bei ihr sein lassen. Dazu kann es sehr gut sein, dass du sie berührst und ihre Temperatur und ihr Gewicht fühlst. Außerdem kommst du auf die Idee die Münze mal umzudrehen und zu sehen welche andere Wahrheit noch in ihr steckt. Und die Wahrheit, die in jedem stressigen Gedanken steckt lautet: betrachte ich den Gedanken nur von einer Seite, dann sehe ich nicht die gesamte Wahrheit. Darum sind die Umkehrungen ein Ergründen des Gewichtes und ein Ergründen der unterschiedlichen Ladungen des ursprünglichen Gedankens. Die Umkehrungen sind außerdem oft die uns verborgene Wahrheit inmitten des ursprünglichen Gedankens.
Natürlich lässt sich noch viel mehr über The Work sagen und wie sie uns hilft bewusster mit Gedanken zu werden. Wie kommt es zB dass einige Gedanken sich wiederholen und andere nicht? Und wie kommt es, dass einige Gedanken, die sich früher oft wiederholten dies dann später nicht mehr tun und wieder andere sich scheinbar unaufhaltsam weiter wiederholen? Wieso passiert es uns so oft, dass wir keinen Abstand zu den Gedanken entwickeln können und nicht zu uns selber sagen können "Hey, jetzt glaub nicht alles was du denkst!". In der Theorie ließe sich noch unendlich mehr dazu sagen. Praktisch wird es wenn wir The Work in unserem Leben tatsächlich anwenden.
 
 
Alles Liebe
Mike